Deutsche Kleinbootmeisterschaften und Para-Meisterschaften 2023

Bei den Deutschen Kleinbootmeisterschaften in Brandenburg zeigten sich das Wetter und der Beetzsee von ihrer garstigen Seite.

Anders als schon häufiger in den letzten Frühjahren verharrten die Temperaturen bei 8 bis 9° Celsius. Dazu wehte ein stetiger Nordostwind vom offenen Bereich des Sees, der besonders am Freitag, dem Vorlauftag, zu rauhem Wasser führte. Auch am Samstag und Sonntag waren die Bedingungen alles andere als angenehm, zumal es mit geringfügigen Unterbrechungen fast pausenlos regnete.

Davon ließen sich die RTHC-Athleten um Trainer Ralf Müller jedoch nicht beeindrucken und riefen ihre Top-Leistungen ab.

 

Während Emilia Seyda wegen Erkrankung ihrer Zweierpartnerin Charlotte Eucken leider nicht zum Leistungstest der Juniorinnen A antreten konnte, war Matthias Haggenei, der ebenfalls im Vorfeld mit einem Infekt zu kämpfen hatte, rechtzeitig wieder fit und konnte wie geplant mit Moritz Witten (WSV Honnef) am Freitag im Vorlauf des Zweier ohne an den Start gehen.

Diese Zweiercrew ist etwas ungewöhnlich, da Matthias seine erste Saison in der offenen Gewichtsklasse bestreitet, während Moritz Witten zu den stärksten deutschen Athleten überhaupt auf dem Ergometer zählt. Ihre Ergometerbestzeiten liegen rund 25 Sekunden auseinander, sodass die Feinabstimmung noch anspruchsvoller ist als sonst. Nach einer weniger erfolgreichen Phase auf der Schlagposition wechselte Matthias nach der Leipziger Langstrecke wieder in den Bug, so dass das Boot wieder gut lief.

Im Vorlauf fuhren Matthias und Moritz einen beherzten Endspurt, mit dem sie sich als Vierte bei den schwierigen Bedingungen knapp für das Viertelfinale tags darauf qualifizieren konnten.

Dort war ihnen zwar ein weiterer Überraschungserfolg nicht vergönnt, da sie gegen den späteren Vizemeister und den Sieger des B-Finales sowie etablierte U23-Crews antreten mussten. Das Halbfinale C/D am frühen Abend des Samstags war ihnen jedoch sicher.

Dort ware für die beiden aber nichts mehr zu holen, und das widrige Wetter brachte Matthias die Erkältung zurück, so dass Ralf Müller die beiden für das Finale D abmeldete.

Trotzdem war besonders für Matthias die erste Kleinbootmeisterschaft als “Schwergewicht”, noch dazu als U23-Athlet in Konkurrenz zu den A-Senioren des Teams Deutschlandachter, ein Erfolg.

 

Julius Christ und sein Zweierpartner Jannik Metzger (Marbacher RV), reisten mit einem deutlich höheren Anspruch zu den Meisterschaften an. Die beiden bewerben sich im Team Deutschlandachter um die begehrten Plätze in einem der Boote der A-Nationalmannschaft. Im Zweier, Vierer und Achter gibt es insgesamt 16 Plätze inklusive des Ersatzes zu vergeben, während der letztjährige Deutsche Meister Olaf Roggensack/Mattes Schönherr wegen Erkrankung von Olaf abmelden musste. Die Qualifikation für das Finale A der besten sechs Boote war also Pflicht. Auch wenn Julius im vergangenen Jahr trotz studienbedingt reduziertem Training bereits den fünften Platz erreicht hatte, war dies alles andere als ein Selbstläufer, zumal sich die Athleten durch das gemeinsame Training und den Wettkampftest am vorhergehenden Wochenende gut einschätzen können.

Dessen ungeachtet war der Vorlauf am Freitag trotz ambitionierter U23-Boote und des starken Dresdner Zweiers, sowie der schwierigen Bedingungen eine souveräne Angelegenheit. Mit fast neun Sekunden Vorsprung vor Dresden qualifizierten sich Jannik und Julius für das Viertelfinale A/B am Samstag Mittag.

Dort mussten sie gegen den späteren Meister und ambitionierte U23er antreten, ließen aber nichts anbrennen und erreichten als Zweite sicher mit einer dreiviertel Länge Rückstand das Halbfinale A/B am Abend.

Dieses Rennen war für die beiden die beste Vorstellung der Meisterschaft, denn nach einem kontrollierten Start lagen sie nach 500 m zunächst auf Position vier, hinter Mark Hinrichs/Torben Johannesen (Olympia-Zweiter 2021), Malte Großmann/Sönke Kruse (später Bronze) und Lukas Föbinger/Henry Hopmann. Letztere überholten sie bis zur Streckenhälfte, um dann regelrecht Flügel zu bekommen. Auf den dritten 500 m machten Jannik und Julius fast viereinhalb Sekunden auf Hinrichs/Johannesen gut, übernahmen damit die Führung und gaben sie bis ins Ziel nicht mehr ab.

Die Qualifikation für das Finale A und damit das Mindestziel hatten sie damit erreicht, und durften dort als Halbfinalsieger sogar auf einer Mittelbahn starten.

Am Sonntag Mittag lagen bei weiterhin unangenehmen Wind, Regen und Kälte die Favoriten Benedict Eggeling/Jasper Angl rechts und die Sieger aus dem Viertelfinale Niclas Schröder/Marc Kammann links neben ihnen.

Diese wussten natürlich um die Stärke von Jannik und Julius auf den zweiten 1000 m und starteten entsprechend aggressiv. Auch Großmann/Kruse traten die Flucht nach vorn an, ebenso Max John/Theis Hagemeister, sodass bei 500 m nur noch Hinrichs/Johannesen zurück lagen.

Die zweiten 500 m liefen für Jannik und Julius nicht optimal, so dass sie sich bei 1000 m am Ende des Feldes befanden.

Davon ließen sie sich aber nicht entmutigen, sondern es hieß dann nur noch “Feuer frei”. Binnen 500 m überholten sie sowohl John/Hagemeister als auch Hinrichs/Johannesen und befanden sich bei 1500 m auf halber Höhe mit Großmann/Kruse. Diese jedoch erkannten die Gefahr und konterten die Attacke von Jannik und Julius. Diese konnten zwar noch etwas auf Platz drei gutmachen und waren auf den zweiten 1000 m bis auf 1/10 Sekunde so schnell wie der neue Deutsche Meister. Dennoch hatten sie das Podium im Ziel knapp verpasst.

Auf wenn ihnen die Medaille nicht vergönnt war, war es für beide ein Top-Ergebnis und für Julius gegenüber dem Vorjahr eine Verbesserung.

Den Einladungen des DRV zur Mannschaftsbildung in zwei Wochen in Hamburg sehen sie nun mit Spannung entgegen.

 

Nikita Mohr stellte sich wie Matthias als U23er der Konkurrenz in der offenen Senior A-Altersklasse, blieb jedoch Leichtgewicht. In seiner letzten U23-Saison war es sein Ziel, mindestens ins B-Finale zu kommen, vielleicht auch schon bei den A-Senioren mitzumischen.

Der Ergometertest und die Langstrecke in Leipzig sowie die Trainingsergebnisse am vorhergehenden Wochenende waren gemischt, so dass Nikita sich noch einmal deutlich steigern wollte.

Im Vorlauf war das auch schon nötig, denn dort musste er gleich gegen den Olympia-Silbermedaillengewinner von Tokio Jonathan “Jonny” Rommelmann (Krefeld) antreten. Dieser dominierte den Vorlauf dann auch, aber Nikita sicherte bei üblen Bedingungen mit Platz drei das Viertelfinale A/B ab.

Dort lag Nikita vom Start weg auf Kurs Halbfinale A/B und war bei der ersten und zweiten Zwischenzeit Dritter. Auf den dritten 500 m verschärfte er das Tempo und schob sich vorbei am Frankfurter Johannes Ursprung auf Platz 2 hinter dem letztjährigen WM-Teilnehmer Finn Wolter (Witten). Bis zum Ziel konnte er den Angriff des Hamburgers Zeno Robertson abwehren und als Zweiter ins Halbfinale A/B einziehen.

Dort bekam er es erneut mit Jonny Rommelmann und dem ebenfalls international erfahrenen Joachim Agne (Würzburg), und weiteren starken Gegnern zu tun.

Vom Start weg gab Nikita Vollgas und hatte nach 500 m nur 3/10 Sekunden Rückstand auf den führenden Agne, lag sogar eine halbe Länge vor Rommelmann. Dies ließen sich Jonny und auch der zweite Würzburger Fabio Kress nicht gefallen und verwiesen Nikita zunächst auf Platz vier. Der setzte auf den letzten 500 m alles auf eine Karte und verdrängte Kress wieder vom dritten Platz. Damit sicherte er mit eineinhalb Bootslängen Rückstand auf Rommelmann und knapp einer auf Agne die Qualifikation für das A-Finale ab.

Dort warteten am Sonntag Mittag natürlich Rommelmann, Agne, der Berliner Max Röger und die starken U23er Wolter und Paul Leerkamp (Osnabrück) auf Nikita.

Das Halbfinale hatte doch einiges an Körnern gekostet und während Nikita auf den ersten 1000 m noch gut mithielt, konnte er die folgende Tempoverschärfung nicht mitgehen und verlor den Anschluss. Im Ziel hatte er als Sechster einen deutlichen Rückstand auf Finn Wolter (5.) und Joachim Agne (4.), während es vorne eng zuging. Max Röger hatte nur 4/10 Sekunden Rückstand auf Rommelmann und Paul Leerkamp nur gut eine Sekunde.

Insgesamt kann Nikita aber sehr zufrieden sein, denn mit dem Einzug ins A-Finale schnitt er als drittbester U23-Skuller ab.
“Auf dem Niveau geht halt einfach nochmal ganz anders die Post ab und das muss man erstmal erlebt haben.”, so Nikita am Abend mit etwas Abstand.

Auch er schaut nun mit Spannung auf die Entscheidungen der verantwortlichen Trainer.

 

Bei den Wettbewerben im Para-Rudern sind die Felder naturgemäß nicht so groß wie bei den nicht beeinträchtigten Sportlern, so dass Vorläufe, Viertel- und Halbfinals dort entfielen.

Am Samstag wurden dennoch im Doppelzweier und Vierer mit St. der Klasse PR3 (Beeinträchtigte Athletinnen und Athleten mit der Fähigkeit einer vollständigen Ruderbewegung in einem Standard-Ruderboot) Testrennen ausgetragen.

Der Doppelzweier war eine rein Leverkusener Angelegenheit, da hier Miriam Federle/Daniel Müller gegen Kathrin Marchand/Marc Lembeck antraten.

Abgesehen vom deutlichen Sieg für Marchand/Lembeck war es für alle Beobachter beeindruckend zu sehen, wie gut die beeinträchtigten Athletinnen und Athleten mit den widrigen Bedingungen zurechtkamen und tollen Sport boten.

Ähnlich sah es im Vierer mit St. aus, wo die Kombination Miriam Federle und Daniel Müller mit Hermine Krumbein (Braunschweig), Björn Eckert (Marburg) und Stm. Till Martini (Rostock) gegen die EM-Dritten und Vizeweltmeister Kathrin Marchand und Marc Lembeck mit Susanne Lackner (Mannheim), Jan Helmich (Dortmund) und Stf. Inga Thöne (Ulm) antrat. Till Martini ist uns schon bekannt als Steuermann des U23-Europameisters 2020 im Vierer mit St., mit Julius Christ und Robin Goeritz. Daniel Müller hingegen hatte vor Jahren im RTHC das Rudern in der Erwachsenenausbildung gelernt und hat im letzten Jahr eine vielversprechende Karriere als Pararuderer begonnen.

Am Sonntag waren die Para-Rennen in die Finals der nicht Beeinträchtigten eingebettet und hatten sich natürlich ebenfalls den weiterhin herausfordernden Bedingungen zu stellen.

Gegenüber den Testrennen zeigten die Sportler nochmals eine verbesserte Rudertechnik, natürlich mit dem Vizeweltmeister-Vierer als echtem Highlight. Dieser gewann denn auch zu Recht die Goldmedaille und den Titel des Deutschen Meisters, was für Kathrin und Marc die zweite Goldmedaille des Tages bedeutete. Einige Stunden zuvor hatten sie bereits das Vereinsduell gegen Miriam und Daniel für sich entschieden, die natürlich beide verdient ebenfalls zwei Silbermedaillen mit nach Hause nehmen konnten.

Die RTHC-Para-Athleten haben in Brandenburg ihre Rolle als Kernbestandteil der Para-Rudernationalmannschaft unter Beweis gestellt und werden sicher bei den ersten internationalen Aufgaben zum Einsatz kommen.

 

Trainer Ralf Müller war nach einem kalten und verregneten Wochenende mit den Ergebnissen seiner Athleten sehr zufrieden.

 

Hier gibt es die Ergebnisse aller Rennen zum Nachlesen: https://live.havel-regatta-verein.de/event/128/races.

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